Zeitschrift kjl&m | Einzelausgaben

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Produktbeschreibung

Am Anfang des genreprägenden Abenteuerklassikers Die Schatzinsel inszeniert Robert Louis Stevenson seinen Protagonisten Jim Hawkins als narrative Instanz einer Geschichte, die damit auf der Ebene des Textes Authentizität einfordert, deren Wahrheitsillusion jedoch aufgrund ihrer Genrezugehörigkeit und der offensichtlichen Diskrepanz zwischen den beiden Erzählinstanzen Robert Louis Stevenson (faktischer Autor) und Jim Hawkins (fiktionaler Erzähler) leicht enttarnt werden kann. Dennoch verortet sich die Geschichte in einer Spannung, die dem Abenteuer eine scheinbare Glaubwürdigkeit vermittelt, welche die Intensität der Lektüreerfahrung verstärkt und Identifikationspotenziale eröffnet.
Das Beispiel zeigt darüber hinaus aber auch, dass die literarische Inszenierung und explizite Thematisierung des konstruierten und künstlichen Charakters von Literatur, ihre Gemachtheit nicht erst seit Aufkommen des Metafiktions-Begriffs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als literarisches Verfahren genutzt wird. Das darin angezeigte und verhandelte Beziehungsverhältnis von Fakt und Fiktion in der Literatur wird immer wieder auch auf den Ebenen von Histoire und Discours verhandelt; zum Beispiel wenn Erich Kästner sein literarisches Selbst im Emil eine erlebte Geschichte erzählen lässt und auch Bilbo Beutlin im Herr der Ringe retrospektiv als Autor des Hobbits inszeniert wird. Ist letzterer, wegen seiner Verortung in einer geschlossenen sekundären Phantasiewelt deutlich als fiktive Figur zu identifizieren, fällt diese Bestimmung beim intradiegetischen Kästner deutlich schwerer. Letztendlich spielen die damit erzeugten Unbestimmtheiten mit der nur scheinbar eindeutigen Trennlinie zwischen Realität und Fiktion und nehmen damit auch Bezug auf den konstruktiven Charakter unserer sogenannten Wirklichkeit.
Dieses Spiel der metafiktionalen Verfahren hat in den letzten Jahren auch in der KJL zunehmende Aufmerksamkeit erfahren. Daher soll diesem Phänomen der Themenschwerpunkt der vorliegenden Ausgabe von kjl&m gewidmet werden.

Aus dem Editorial von Michael Ritter
 

Inhaltsverzeichnis

Editorial

Metafiktionales Erzählen. Entgrenzte Inszenierungen in der Kinder- und Jugendliteratur

Silke Rabus
Rückt zusammen, Kinder, ich will euch eine Geschichte erzählen!
Metafiktion im Bilderbuch

Svenja Blume
Erlebtes erzählen – erlebtes Erzählen.
Zur Funktion metafiktionalen Erzählens in Patrick Ness‘ und Siobhan Dowds Sieben
Minuten nach Mitternacht


Gianna Dicke
Kurze Hosen und ekelerregende Helden.
Authentifizierungsstrategien als metafiktionales Spiel mit Fakt und Fiktion in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur

Eva Maria Kohl
Das kunstsinnige Kind als literarische Figur bei Peter Hacks

Andreas Peterjan
Ein Metamärchen in Schwarz-Weiß.
Walter Moers‘ Wilde Reise durch die Nacht zwischen Metafiktion und Meta-Fiktion

Stefanie Jakobi
Das Buch ist ein Spiel ist ein Buch.
Das inszenierte Computerspiel als metafiktionales Element in Andreas Schlüters Level 4-Reihe

Tobias Kurwinkel
„Es gibt viele, ganz viele Welten, […] in den Büchern sind sie aufgeschrieben!“
Narratologische und didaktische Überlegungen zum Buch-im-Buch-Motiv in Cornelia Funkes Tintenwelt-Trilogie

Jan Standke
Springen, Wandern, Reisen.
Die Popularisierung metafiktionalen Erzählens im fantastischen Jugendbuch der Gegenwart

Thomas Bitterlich
Das höchste Fiktionalitätsbewusstsein?
Metafiktionalität – Gegenstandsbereiche am Beispiel verschiedener Bilderzählungen von Ole Könnecke

Siglinde Spuller
Fiktionalität thematisieren – im Bilderbuch Der unglaubliche Bücherfresser von Oliver
Jeffers



Spektrum

Karsten Schuldt/ Rudolf Mumenthaler/ Ekaterina Vardanyan
Volksschulbibliotheken im Kanton St. Gallen: Ergebnisse einer Studie


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