Zeitschrift merz | Einzelhefte

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Produktbeschreibung

"Satire darf alles“ - so oder ähnlich hat Kurt Tucholsky das die Mächtigen peinigende Problem, spöttischen Aktionen ausgeliefert und nicht ernst genommen zu werden, auf den Punkt gebracht. Satire muss die Auslotung einer Person, einer Institution, eines Zustands unter absurder Verzerrung der Facts dem Gelächter preisgeben. Wenn die Satire gelungen ist, zeigt sie meist auch Wirkung, unter Umständen auch politische. Allerdings meist für den satirisch Tätigen.
Satire hat es heute noch schwerer, weil ihr der pennälerhafte Klamauk der Blödel- und Trash-Sendungen des Fernsehens die Luft wegnimmt. Es müssen wirklich wunde Stellen getroffen werden, sollten denn auch die erwarteten Reaktionen eintreten.
Christoph Schlingensief zählt nicht unbedingt zu den Akteuren, denen meine Bewunderung gehört, aber seine Aktion, neben der Staatsoper in Wien einen Big Brother-Container zu errichten, aus dem internierte Asylsuchende in die Freiheit, sprich in die Abschiebung gewählt werden konnten, war böse und genialisch zugleich. Da traf er das Wiener Gemüt mitten ins Herz. Selten wurde derartig heftig über eine Politaktion diskutiert wie bei dieser Herausforderung. Selbst um Mitternacht, in der letzten Nachrichtensendung ZIP 3 von ORF 2 duellierten sich die Kontrahenten um den Sinn und die Aussage von Schlingensiefs Einfällen. Wer mag da behaupten, dass in Köpfen nichts in Bewegung geraten ist.
„A fine basket with specialities from the black forest, including some really good sausages, ham and - hold on to your seat - a wonderful KuKuClock!. And a beer mug, too. Do we leave you any choice???“ hat der Chefredakteur des Satire-Magazins „Titanic“ an einige Fifa-Mitglieder gefaxt, um ihnen die Wahl Deutschlands als Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft 2006 schmackhaft zu machen. Eine sanfte Art der Satire, um das Geschachere an den Pranger zu stellen, das dann von Lichtgestalten bestrahlt wird, damit die Schatten verschwinden. Die Fachjournalisten waren über diese leicht zu durchschauende Aktion peinlich berührt, wohingegen ihnen die unter obskuren Umständen zustande gekommene Wahl Deutschlands zuungunsten Südafrikas kein schlechtes Gewissen bereitete.
Der geschätzte und geliebte Aphoristiker Lichtenberg hat bei dem Stichwort „Satire“ kein Pardon verstanden: „Die erste Satire wurde gewiss aus Rache gemacht. Sie zur Besserung seines Nebenmenschen gegen die Laster und nicht gegen den Lasterhaften zu gebrauchen, ist schon ein geleckter, abgekühlter, zahm gemachter Gedanke.“
Erwin Schaar
 

Inhaltsverzeichnis

thema >>
> Claus J. Tully und Peter Wahler: Wie ist die Jugend? – Flexibel? Optimistisch?
> Dietmut Roether: Im Gründerfieber
> Helga Theunert und Bernd Schorb: Nicht desinteressiert, aber eigene Interessen
> Jannis K. Androutsopoulos: Vom Mainstream-Radio bis zu den Skater-Magazinen
> Matthias Vogel: „Big Brother“ - Faszination und Distanz
> Uli Gleich: Medien und ihre Bedeutung für Jugendliche

medienreport >>
> Andreas Kirchhoff: Zwischen geschlossener Gesellschaft und virtueller Öffentlichkeit
> Claudia Schmiderer: Wenig öffentliche Resonanz
> Erwin Schaar: Visuelle Herausforderungen
> Fernand Jung: Wir surfen durch den film-dienst
> Thomas Jacob: Korrekte Übersetzungshilfe
> Wolfgang J. Fuchs: Remake eines Kultfilms

publikationen >>
> Adolf Grimme Institut, Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, Katholisches Institut für Medieninformation (Hrsg.): Jahrbuch Fernsehen 2000
> Atlas europäischer Filmkultur 1945 – 1998. Kino und Verleih in der BRD
> Heide Germann u.a.: Töne für Kinder. Kassetten und CDs im kommentierten Überlick / Jan-Uwe Rogge, Regine Rogge: Zuhören macht Spaß
> Ingrid Paus-Haase, Dorothee Schnatmeyer, Claudia Wegener (Hrsg.): Information, Emotion, Sensation. Wenn im Fernsehen die Grenzen zerfließen

kolumne >>
> Hans-Dieter Kübler: Begrenzt wahrhaftig: die Erweiterung der Medientheorie