Zeitschrift merz | Einzelhefte

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Produktbeschreibung

Was müssen das für Fußballweltmeisterschaften sein, die in wenigen Jahren in Deutschland stattfinden sollen, denen das Münchner Olympiastadion in seiner heutigen Gestalt nicht tauglich erscheint? Wo vor rund 30 Jahren der Geist der heiteren Olympischen Spiele beschworen wurde, und dann bis zum heutigen Tag über Jahrzehnte hinweg der honorige Bayern-Club sein vieles Geld verdiente. Dieser Platz soll nun nicht mehr gut genug sein für die Exaltationen eines hypertroph gewordenen Schauspiels. Aber vielleicht hat der damalige terroristische Überfall, der das als heiter Propagierte ins Gegenteil verkehrte, seine unterbewussten Spuren hinterlassen. Und man möchte dieses Kapitel, durch die wenig rühmlichen Handlungen mehr als getrübt, in eine Zeit überführen, die den Zwiespalt ausräumt, die Bühne nun für die Kicker in einen dieser in unseren Jahren so beliebten Hexenkessel verwandelt, in dem das ‘Geld’ sein abgeschottetes Revier hat, und die Fans jubelnd die Aktien steigen lassen.
Dass die Erinnerung noch das Unterbewusste beeinflusst, könnten die unbedachten Äußerungen einer von bestimmten Medien immer wieder als Lichtgestalt beschriebenen Figur belegen, die sinngemäß von Terroristen handelten, die doch den alten Schrott beseitigen könnten. Wie lustig das auch immer gemeint war!
Hinweg mit der Geschichte, der Ästhetik, die Schönheit und Erinnerung an Böses gleichzeitig beinhaltet. Wir wollen dem immerwährenden Erfolg den Weg bahnen. Der Begriff Tradition ist nur gut für die Erhaltung operettenhafter Volkstrachten.
Eine andere Diskussion gibt es in unserer neuen Hauptstadt um den Abriss das Palastes der Republik, der an zentraler Stelle die Erinnerung an einen Staat aufrecht erhalten würde, der auch ein beträchtliches Stück der Geschichte der Deutschen im 20. Jahrhundert darstellt. Ein Repräsentationsbau eines politischen Gebildes, das nicht überlebensfähig war, der aber gerade durch seinen originären ästhetischen Zwiespalt Geschichte tradiert. Und mit der haben wir uns doch noch gar nicht richtig auseinandergesetzt, weil nur die Verdikte als Reflexionen ausgegeben wurden. An die Stelle dieses Erinnertwerdens an neueste Geschichte soll ein ‘Wiederaufbau’ des Stadtschlosses treten, dessen nach 1945 erhaltenen Reste einst von Ulbricht gesprengt wurden. Nur erinnern die Rekonstruktionspläne für dieses neue Schloss an ein geistiges Disneyland, weil es dieses prospektive Gebäude so nie gegeben hat, damit eine Historie gezimmert würde, die der Phantasie der Reaktion entsprungen scheint. Wer die Diskussionen um die Pläne verfolgt hat, könnte an den Argumentationen verzeifeln.
Architekturen gestalteten und gestalten unsere Landschaften und Siedlungen, beeinflussen unsere Wahrnehmung, geben Zeugnis vom Denken und Fühlen, tradieren gute und schlechte Geschichte und die Reflexion darüber. Sie sind auch eine Art Medien, deren Formung die Pädagogik nicht unbeteiligt lassen sollte. Abrissbirnen treffen oft nicht nur die Mauern.
Erwin Schaar
 

Inhaltsverzeichnis

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> Bettina Rheims und Serge Bramly: INRI
> Fi Sinima – Im Kino
> Frank Matthias Kammel: Das Paradies im Schlussverkauf
> Joan Kristin Bleicher: Virtualisierung der Transzendenz
> Manfred L. Pirner: „Möge die Macht der Medien mit dir sein..."
> Roman Siebertz: Bilder als Instrument der Massenbeeinflussung in der Islamischen Republik Iran

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> Gerlinde Schumacher: Die Vermittlung der Welt durch das Fernsehen
> Margret Köhler: Schicksalsgeschichten für ein junges Publikum
> Michael Bloech: Zwiespältige Schönheit
> Soap und Comedy sind die Renner bei 9- bis 15-Jährigen
> Sophie Anfang: Software für Kinder

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> DUDEN - Wörterbuch der Szenesprachen
> Heinz von Bülow: Grundkurs Digitale Fotografie / Helmut Kraus: Digitales Fotografieren
> Ingrid Paus-Haase, Stefan Aufenanger, Uwe Mattusch: Hörfunknutzung von Kindern
> Max Stemshorn (Hrsg.): Die Inszenierung der Freizeit. Die künstliche Welt der Freizeitparks und Ferienparadiese
> Wolfgang J. Fuchs: Faszination Comics

kolumne >>
> Hans-Dieter Kübler: Über die kulturelle Aufwertung der Medien